Hannoverscher Zeitvertreib mit dem B-Turtle im Winter

Wie es dazu kam

Ich habe letztes Jahr im November als Norderneyer (meiner deutschen Heimat) eine Tour zu mir nach Hause (der
tschechischen Heimat – Jeseník – 100 km südlich von Breslau PL) mit einem 2 x 500 Wh E-Lastenrad gemacht.

Für diese Tour hatte ich ein 6-Personen Zelt, wo nur ich übernachtet habe. Es war zwar sehr geräumig und ich
konnte auch mein ganzes Lastenfahrrad ins Zelt laden. Doch der Aufbau und Abbau von so einem riesigen Zelt
dauert pro Vorgang jeweils 1 Stunde.

Besonders, wenn man nach 8 Stunden Radtour dann noch eine Stunde was aufbauen muss, ist das doch schon sehr
beschwerlich.

Die Lösung – B-Turtle!

Somit sah ich mich nach dieser Reise nach anderen Lösungen um.

Davon gibt es einige auf dem Markt, die meisten davon orientieren sich nach dem Vorbild des Campingwagens.

Der Nachteil:
– keine Stehhöhe
– die Breite ist meistens auf die Breite der Lenker beschränkt
– oder der Wohnwagen ist zwar breiter, dafür aber viel unhandlicher
– die meisten dieser Lösungen sind aus massiven Materialien, die ein Gewicht von 70+ kg haben.
Hier kommt der B-Turtle ins Spiel. Es handelt sich dabei um einen kleinen Anhänger mit etwa 30 kg (man kann ihn
über Hindernisse heben), im gefalteten Zustand schön klein und stabil zu ziehen. Bietet nicht nur Stehhöhe, sondern
auch eine riesige Liegefläche von 210 x 130 cm.

Los geht’s, mit B-Turtle und Lastenfahrrad

So hat es sich ergeben, dass ich ein Lastenfahrrad (i:sy DriveE Cargo N3.8 ZR) aus Hannover abholen wollte. Da
kam mir eine Idee: “Möglicherweise gibts in der Nähe einen B-Turtle Verleih, dann könnte ich ja unter
Reisebedingungen (November) den B-Turtle ausprobieren”.

Gedacht, getan.

Über die Website des Herstellers – www.b-turtle.com – die nächste Verleihstation gesucht. Bingo!
50 km von Hannover entfernt – Axel Schumann  in Uetze gefunden.
Nach einer ausführlichen Anleitung zum Aufbau, dem Einbauen der Weber Anhängerkupplung an das Fahrrad
sowie der netten Zugabe einer automatischen Luftpumpe war ich bereit für die Reise.

Das Gefühl?!

Von Uetze zum Campingplatz Birkensee, wo ich auch schon das Jahr davor übernachtet habe, wählte ich die
Komoot App.

Das war um 14:30. Wetter – Kalt bei 5°C, regnerisch – aber kaum Wind. Gewählte Routen-Art: Gravel-Bike. Also
inklusive Schotter und unbefestigte Straßen. Aber kein Mountainbike Gelände.
Meine Ausrüstung war schon im letzten Jahr bewährt, also war das Wetter kein Problem (bis zu -5°C ist es
angenehm zu fahren).

Und wie fährt sich der Anhänger so?

Also wenn man schonmal ein Auto mit Anhänger gefahren ist, dann genau so.
Rückwärts muss man gegengesetzt lenken, als wo man hin will. Und das Aufschaukeln gibt’s auch, doch
beeinflusst werden die Fahreigenschaften dadurch kaum. Bremsen funktioniert auch sehr gut, hatte nie das Gefühl,
dass ich mit meinen zwei Rädern auf Eis ausrutschen würde, weil ich vom Anhänger gedrückt werde (bergab).

Highlights der Reise

Die Gravel-Routen zu wählen, brachte mich zu wirklich schönen Landschaften. Entlang der Flüsse, an den Deichen
vorbei, über Industriegebiete, Felder und Wälder.

Doch bei den letzten Beiden ist die Navigation der Meinung, auch Wege vom Wild als “Straße” zu bezeichnen.
Dazu fuhr ich oft durch Felder, wo die Traktoren ordentlich Schlamm umgewälzt haben.
Überraschenderweise ist der Anhänger nie stecken geblieben. Und das in großen Schlammpfützen. Eher bleibt das
Lastenrad stecken, als dass das dem Anhänger passiert.
Im Wald war der Anhänger eher ein Problem. Die Waldwege der Tiere sind ja nur einspurig, somit musste man
doch acht geben, mit dem Anhänger nicht an umgefallenen Ästen hängen zu bleiben.
Gerade 500 Meter vor dem Campingplatz kam ich dann an einem Bach vorbei. Darüber eine Planke. Breit genug
für mein Lastenfahrrad, aber nicht breit genug für den Anhänger.
Es war schon Nacht, ich schon langsam durchnässtj und keine Ahnung (bzw. Erinnerung), wie mann denn den
Anhänger von der Weberkupplung abnimmt.
Nach langen 30 Minuten (da ich das Fahrrad auch wieder außerhalb der Planke schieben musste, bei nasser
rutschigen Planke und kein Maneuvrierplatz für den Anhänger, eine Mammut Aufgabe) habe ich es endlich
hinbekommen, den Anhänger zu entfernen.
Zum Glück ist der Anhänger ja nur 30 kg schwer. Also in die Hand genommen nund langsam die nasse rutschige
Planke überquert. Und schon war ich auf dem Campingplatz!
Schnee!

Am zweiten Tag der Reise war es Zeit einen Bekannten in Hannover zu treffen. Die Strecke war diesmal um
einiges angenehmer, da die Fahrradrouten in Hannover recht gut ausgebaut sind.
Doch eine andere Überraschung hat mich erwartet. Es schneite!

Beim Hinweg bei Tag war es wirklich schön anzuschauen. Beim Rückweg Abends wars dann schon schwieriger
Auseinander zu halten, ob man gerade auf einem befestigtem Weg oder auf einem zugeschneit Bach fährt.
Das Highlight des Tages hier war – mit dem Anhänger durch die Stadt fahren. Genau genommen dann das Fahrrad
in der großen Fußgängerzone in der Stadtmitte herum zu schieben, als Gespann. Parken ging auch gut, soweit man
eben mit den besonderen Eigenschaften des Rückwärtsfahrens mit einem Anhänger vertraut ist.
Fazit
Am nächsten Tag ging es dann zurück zur Abgabe bei einer durch und durch mit Schnee bedeckten Landschaft. Die
Abgabe ging problemlos, nur die Zeltnägel habe ich beim Campingplatz vergessen. Besonders überrascht hat mich
die Weberkupplung, die auch die krassesten Winkel, all die Schlaglöcher und die großen Kräfte durch den
Schlamm ohne Anstand überstanden hat.
Der Aufbau des B-Turtles ist schon nach 15 Minuten geschafft. Der erste Versuch war zwar nicht nach Anleitung –
dazu gibts eine wirklich gute bei Youtube  – aber es hat trotzdem gut geklappt. Beim zweiten mal war ich dann schlauer und es ging ganz einfach von der Hand.

Der Abbau ist genau so leicht, man lernt automatisch dazu und entwickelt seine ganz eigene Art von Aufbau / Abbau.
Die Liegefläche ist sehr stabil, zwei verliebte Personen an einem romantischen sommerlichen Abend wird es auf
keinen Fall ein Hindernis sein.

Wind-, Regen- und Schnee- dicht ist das Zelt auch ohne weiteres. Dazu noch das Vorzelt, wo man gemütlich stehen
kann, sich umziehen kann… einfach Komfort pur.

Meine Erwartungen an das B-Turtle wurden alle erfüllt und ich werde ihn mir sicher zur nächsten Lastenradtour
holen.

Allein die Zeitersparnis von 1,5 Stunden spricht für sich.
Nur eine Sache. Bei Gravel Touren durch unwegsames Gelände braucht man alle 30 km eine 500 Wh Batterie. Also
für Tagestouren am besten mindestens zwei Batterien mitnehmen.

Text: Reinhold Harnisch